Die seit vergangenem Dienstag gültige Straßenverkehrsordnung (StVO) bringt viele Änderungen mit sich. Die meisten davon sind sinnvoll und waren zum Teil längst überfällig, bei einigen wenigen allerdings vermisse ich Maß und Mitte.

Ein verbesserter Schutz von Fahrradfahrern, etwa durch die Ermöglichung speziell ausgeschilderter Fahrradzonen sowie durch höhere Sanktionen für innerorts mit überhöhter Geschwindigkeit rechtsabbiegende Lkw, gibt diesen mehr Sicherheit und Teilhabe im Verkehr. Dagegen ist die Etablierung von Mindestabständen beim Überholen von Fahrrädern von 1,5 Metern innerorts und 2 Metern außerorts zwar sicherlich gut gemeint. Die Umsetzung im Verkehrsalltag könnte allerdings häufig schwierig werden. Diese Regelung muss sich daher zunächst bewähren und gegebenenfalls angepasst werden.

Auch die neuen Regeln zum Umgang mit Rettungsgassen begrüße ich sehr. Die unberechtigte Nutzung von Rettungsgassen kann im Ernstfall das Eintreffen der Einsatzkräfte behindern und damit großen Schaden anrichten. In dieser Hinsicht ist die Einführung einer neuen Ordnungswidrigkeit für diesen Fall gerechtfertigt und ergänzt die bestehenden Verkehrsregeln zur Bildung von Rettungsgassen.

Beim Thema Halt- und Parkverstöße dagegen gibt es meiner Ansicht nach gute und schlechte Entwicklungen. Die Erhöhung von Bußgeldern beim unberechtigten Parken in Feuerwehrzufahrten oder engen Kurven ist sinnvoll, da hier große Sicherheitsrisiken entstehen. Das aber das Bußgeld für das Halten in zweiter Reihe, ohne Behinderung oder Gefährdung, mehr als verdoppelt wird, halte ich für überzogen. Gerade in Innenstädten ist es etwa für Paketdienste häufig unmöglich adäquate Parkplätze für kurze Halts zu finden. Hier hätte eine Regelung für Lieferfahrzeuge, etwa in Form designierter Ladezonen plus intelligenter Parkleitsysteme, praxisgerechte Abhilfe schaffen können.

Auch beim Thema erhöhter Geschwindigkeiten fehlt es in der StVo nun teilweise an Differenzierung. Die Regeln zu Punkten im Flensburger Verkehrsregister und zu Fahrverboten wurden deutlich verschärft, die Bußgelder in vielen Fällen verdoppelt. So griff bisher außerorts bei Geschwindigkeitsüberschreitung über 26 km/h ein Fahrverbot erst für Wiederholungstäter. Nach der neuen StVO droht dagegen direkt ein Monat Fahrverbot. Gerade bei der Festlegung von Strafen muss neben der präventiven Wirkung allerdings auch stets das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Insbesondere im Hinblick auf die Flensburger Punktereform von 2014, die die Punktevergabe im Verkehrsregister fast nur noch im Zusammenhang mit der Gefährdung der Verkehrssicherheit festlegte, ist die neue StVO hier nach meiner Ansicht zu scharf. Es wird dadurch sowohl zu einer enormen Mehrbelastung von Polizei und Justiz kommen als auch zu massenhaften Fahrverboten. Diese Verschärfungen bedürfen daher meiner Meinung nach dringend Änderungen, um die Verhältnismäßigkeit zwischen Vergehen und Strafe zu gewährleisten. Hier sollte der Gesetzgeber die Fehler korrigieren und Anpassungen vornehmen.

Abschließend ist zu sagen das die getroffenen Änderungen in der StVO im Großen und Ganzen sinnvoll erscheinen. Ihre Sinnhaftigkeit wird sich allerdings erst in einigen Punkten oft erst der Verkehrspraxis zeigen. Daher müssen die Bundesregierung und die Länder hier flexibel auf Fehlentwicklungen reagieren.